hitcounter rasum: Mein grün-liberaler Standpunkt

25 Januar 2006

Mein grün-liberaler Standpunkt

Heute war in den Zeitungen zu lesen, im Kanton St. Gallen hätten die grünliberalen Kräfte beschlossen, sich von den Grünen zu trennen und eine eigene Partei zu gründen. Sie folgen damit dem Zürcher Beispiel. Im Kanton Bern dagegen, wo es drei Grüne Parteien gibt, wobei die Freie Liste eine Abspaltung von FDP und SVP war, haben sich die Grüne Freie Liste und das Grüne Bündnis in letzter Zeit angenähert und treten bei den kommenden Wahlen auf derselben Liste auf. Nur in der Stadt Bern hat der Wähler noch eine Auswahl.
Ich will hier nicht der Frage nachgehen, warum die ökologische Bewegung in der Schweiz eine vornehmlich linke Angelegenheit ist. Zwingend ist dies sicherlich nicht. Die grünliberalen Bewegungen in Zürich und St. Gallen verfolge ich jedenfalls mit Interesse, würde ich meine persönliche politische Orientierung doch auch als grün-liberal bezeichnen. Allerdings dürften sich meine Auffassungen, was ökologisch ist, doch erheblich von denjenigen selbst gemässigter Grüner unterscheiden.
Entgegen meiner Gewohnheit, meine Meinung mittels Argumenten zu begründen, führe ich nachfolgend bloss knapp meine aktuelle Einstellung zu verschiedenen grünen Postulaten auf.
  • Technologien: Ich habe a priori keine Bedenken gegenüber der Anwendung neuer Technologien wie Nano- oder Biotechnologie etc. Die grüne Gentechnik sehe ich als Chance, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft zu verringern. Die verbreiteten Ängste sind in meinen Augen irrational.


  • Energie: Ich bin für die Nutzung der Kernenergie wie auch für den gemässigten weiteren Ausbau der Wasserkraftnutzung. Staatliche Subventionierung einzelner Energieträger ist zu unterlassen. Insbesondere bin ich aus Gründen des Landschaftsschutzes gegen die Errichtung grosser Windparks in der Schweiz.


  • Verkehr allgemein: Mobilitätsförderung kann nie ökologisch sein, der Staat hat sich daher aus der Subventionierung einzelner Verkehrsmittel grundsätzlich herauszuhalten. Die Subventionierung des öffentlichen Verkehrs muss abgebaut werden. Mobilitätskosten (Arbeitsweg) sollten nicht mehr von der Steuer abziehbar sein.


  • Flugverkehr: Der Staat soll sich jeglicher direkter oder indirekter Unterstützung (z.B. Tax-Free-Shops, Steuerbefreiung des Kerosins, Rettung maroder Fluggesellschaften…) enthalten.


  • Motorisierter Individualverkehr: Die variablen Steuern müssen massiv steigen (z.B. durch höhere Mineralölsteuern oder Einführung von Road-Pricing), wogegen die fixen Steuern (z.B. Motorfahrzeugsteuern) gar sinken könnten. Die Mittel müssen nicht nur die Finanzierung der Strasseninfrastruktur ermöglichen, sondern ebenfalls die externen Kosten (Lärm, Abgase, etc.) internalisieren. Die Bewirtschaftung von Parkplätzen in den Städten kann privatisiert werden, indem die Parkflächen verkauft werden.


  • Landschaftsschutz: Land ist eine endliche, nicht vermehrbare Ressource. Eingriffe ins Landschaftsbild können oft kaum mehr rückgängig gemacht werden. Entsprechend haushälterisch muss mit dem Boden umgegangen werden. Ich bin daher staatlichen Infrastrukturprojekten (z.B. neue Strassen) sehr kritisch eingestellt. Solange die Infrastruktur zum Nulltarif zur Verfügung steht, erstaunt es nicht, dass sie stets übernutzt wird. Zur Verhinderung der Zersiedelung sind verschiedene Massnahmen nötig; insbesondere müssen die Erschliessungsgebühren (Zugang, Versorgung, Entsorgung) den Privaten voll belastet werden. Anstelle der traditionellen Raumplanung drängen sich handelbare Nutzungszertifikate auf. Die steuerliche Vorzugsbehandlung von Wohneigentum ist sodann klar abzulehnen.


  • Naturparks: Ich befürworte die Errichtung neuer Naturparks. Einige dünn besiedelte Gebiete können durchaus vollständig der Natur überlassen werden, was zudem die Staatsausgaben senkt, da nicht bis in den letzten Graben superteuere Infrastruktur bereitgestellt werden muss. Wer in der Wildnis leben will, muss halt auf gewisse Annehmlichkeiten des urbanen Lebens verzichten – was ja auch reizvoll sein kann.


  • Klimaschutz: Obwohl ich hinsichtlich des Klimawandels gewisse Bedenken habe in bezug auf Ursache und Folgen, scheint mir die Einführung einer C02-Steuer wünschenswert, wobei die Steuerbelastung insgesamt nicht steigen darf. Ein effizienterer Ressourceneinsatz ist grundsätzlich wünschenswert, unabhängig vom Klimawandel. In hartnäckigen Rezessionen könnte zudem die Wirtschaft durch eine Steuerreduktion stimuliert werden.


  • Globalisierung und Freihandel: Freihandel ist unbedingt erstrebenswert. Negative Folgen für die Umwelt sind durch die allgemeine Verteuerung der Mobilität zu reduzieren, nicht aber durch Zölle und andere protektionistische Massnahmen.

2 Kommentare:

At Mittwoch, 25 Januar, 2006, Blogger conjuro said...

Rasum: Klingt wunderbar, ich sehe viel Gemeinsamkeiten zwischen unseren Standpunkten. Staatlichen Eingriffen stehe ich äusserst skeptisch gegenüber, anerkenne aber den Schutzwert der Umwelt, welche in einer völlig liberalen Welt wohl bald zugrunde gerichtet würde. Der beste Schutz der Umwelt wäre die internalisierung externer Kosten, z. Bsp. von Abluft oder Abwassern. Die Gefahr besteht natürlich, dass in der Erfüllung dieser Aufgabe der Staat wieder aufgebläht wird. Liessen sich solche Aufgaben auch von privaten Unternehmungen erfüllen? Was sind Deine Gedanken zur Landwirtschaft?

 
At Donnerstag, 26 Januar, 2006, Blogger CAK said...

@polissilop
Ich habe das Pflänzchen kurz vor dem verdursten wieder mal gegossen. Nun habe ich gerade erfahren, dass mein während zweier Monate "aktuellster" Beitrag zum Sport wunderschön zu Annans WEF-Rede gepasst hätte (via nja. Merci ebenfalls fürs verlinken.

@marcel
Umweltfragen sind schon eine Herausforderung für Liberale. Externe Kosten im Strassenverkehr sind nun mal eine Tatsache; eine private Internalisierung scheint mir schwierig. Allenfalls könnte ich mir vorstellen, dass bei privater Erstellung neuer Strassen (was im Ausland teilweise gemacht wird), die Betreiber mit den Anwohnern Verträge aushandeln. Die Betreiber müssten dann natürlich Strassennutzungsgebühren verlangen können. In der kleinräumigen Schweiz ist sowas allerdings wohl eine Illusion.
Landwirtschaft: Ich bin für eine schrittweise Einführung von Freihandel; früher oder später lässt sich das sowieso nicht aufhalten. Die Anpassungskosten werden sonst nur noch grösser. Allerdings müssen Regulierungen, die z.B. die Umnutzung von Bauernhöfen und Nebenverdienste erschweren, fallen. Persönlich kaufe ich oft biologische Produkte aus der Schweiz, bin aber klar für Konsumentensouveränität.

 

Kommentar veröffentlichen

<< Home