hitcounter rasum: Eine Schweiz ohne SRG

30 Juli 2005

Eine Schweiz ohne SRG

Dank eines neuen Blogs von Markus Schneider bin ich auf die Kolumne von Kurt W. Zimmermann in der aktuellen Ausgabe der Weltwoche aufmerksam geworden. Thema sind die Sparpläne des Schweizer Fernsehens. Zimmermann vertritt die Meinung (und Schneider schliesst sich ihr an), wichtigstes Kriterium, ob ein Programm durch den öffentlichen Rundfunk angeboten werden solle, sei dessen Einschaltquote. Per sofort abzuschaffen sei der wenig genutzte italienischsprachige Sender TSI 2, noch eine Gnadenfrist von zwei Jahren räumt Zimmermann dem französischsprachigen Pendant TSR 2 ein.

Das Angebot dort zu senken, wo am wenigsten Leute betroffen werden, scheint auf den ersten Blick einleuchtend. Jeder privatwirtschaftliche Anbieter handelte so. Nur ist die SRG keine private Sendeanstalt! Das Kriterium der Einschaltquote müsste gerade umgekehrt angewandt werden: Eine hohe Quote deutet darauf hin, dass die Nachfrage auch durch einen privaten Anbieter befriedigt werden könnte.

Wenn der durch Zwangsbeiträge betriebene öffentliche Rundfunk populäre Sendungen ausstrahlt, verhindert er das Entstehen einer privat finanzierten Medienlandschaft. Das Mauerblümchendasein des Schweizer Privatfernsehens zeigt, dass sich die SRG im Laufe der Zeit viel zu breit gemacht hat. Ein Rückzug aus dem Unterhaltungssektor ist damit angezeigt.

Zimmermanns Ansatz ist richtig: «Man muss im Fernsehen dort sparen, wo die Zuschauer nichts merken.» Wenn die SRG sich auf ihren kulturellen Auftrag besänne und Klamauksendungen und Seifenopern den privaten Anbietern überliesse, hätten die Zuschauer tatsächlich eine ähnliche Auswahl wie heute – bei tieferen Gebühren. Zimmermanns Vorschlag, auf Sendungen mit tiefer Einschaltquote zu verzichten, kann dies nicht leisten – er ist mit einem reellen Abbau verbunden, den private Sender nicht auffangen können.

Dass es in der deutschen und französischen Schweiz ein öffentliches Fernsehen gibt, ist wohl nur historisch zu erklären. Gäbe es heute keine SRG – kein Mensch käme auf die Idee, eine solche zu fordern, wie auch niemand öffentlich finanzierte Tageszeitungen fordert.

Wenn es denn ein öffentliches Fernsehen heute überhaupt noch braucht, dann um ein Programm zu zeigen, das politisch zwar erwünscht ist, das ein privates Fernsehen aber nicht anbieten kann, weil die Nachfrage zu klein ist, um die Kosten zu decken. Damit sind Sendungen gemeint, die einen staatlichen Bildungsauftrag erfüllen. In diesem Sinne wäre ein «Arte für die Schweiz» denkbar. Die SRG könnte dagegen ohne weiteres abgeschafft werden. Spezifische Bedürfnisse wie sprachregionale Sender, deren Kosten durch Werbeeinnahmen nicht gedeckt sind, könnten dann Pay-TV befriedigt werden.

Ein anderes Modell bestünde darin, dass der Staat Mittel bereitstellte, um kulturelle Sendungen zu finanzieren. Konkurrierende (private) Sendeanstalten könnten sich dann für entsprechende Aufträge bei einer Kommission bewerben, deren Aufgabe es wäre, die Qualität der Sendungen sicherzustellen. Der Staat als Besteller von Leistungen – im Rundfunk wie im öffentlichen Regionalverkehr. Auf Zwangsabgaben, die faktisch einer Kopfsteuer entsprechen, könnte dabei getrost verzichtet werden. Eine Schweiz ohne SRG muss das Ziel sein!

2 Kommentare:

At Dienstag, 20 September, 2005, Blogger eMeidi said...

Ich hätte dir wärmstens empfohlen, die Vorlesung Nationale und internationale Medienpolitik zu besuchen. Genau diese aufgeworfene Frage wurde während einer Veranstaltung behandelt ... ohne aber zu einem definitiven Schluss zu kommen.

Ich schliesse mich deiner Meinung an, dass Unterhaltungssendungen, die im Ausland entwickelt wurden und von uns eingekauft werden, kaum in das Programm der SRG passen. Wenn schon Unterhaltungssendungen, dann bitte Eigenentwicklungen, die auch etwas mit der Schweiz zu tun haben. Wenn überhaupt.

Die Informationssendungen (Tagesschau, Rundschau, 10vor10, Zischtigs-Club, Arena) gefallen mir sehr gut - neben den Nachrichtensendungen sähe ich keinen privaten Veranstalter derart professionell in die Bresche springen. Ich würde gar noch einen Schritt weiter gehen und SFinfo weiter ausbauen - ich schätze die stündlichen Wiederholungen sehr. Schweiz Aktuell könnte à la den Regionaljournals von DRS1 ausgebaut werden - für jede Region eine eigene Sendung, die dann auf SFinfo wiederholt werden würden. Leider glaube ich nicht, dass die Privaten hier in naher Zukunft ähnliche Qualitätsstandards erreichen werden.

Somit: SRG am Leben erhalten, die Strategie mit den Zweitkanälen überdenken, in Qualität und Ausbildung der Medienschaffenden investieren (ich möchte dieses Feld keinem Privaten überlassen) und Deltenre spicken - was hat eine Marketing/Werbe-Frau an der Spitze eines publizistisch tätigen Konzerns zu suchen? Mir schwant bereits Product-Placement vom Übelsten. Sie wütet auf jeden Fall schon: In SF Schweizer Fernsehen soll die Kette umbenannt werden. Für Millionen von Franken. Der SRG sollten solche irrwitzigen Aktionen verboten werden - oder zumindest nicht mit Gebührengeldern, sondern mit Lohnabzügen von den Porsche fahrenden Managern bezahlt werden.

Isch 'abe geschlossen.

 
At Mittwoch, 21 September, 2005, Blogger CAK said...

Die Vorlesung war bestimmt interessant.

Zu Deinen Vorschlag, dass die SRG mehr Info-Sendungen produzieren soll, habe ich gemischte Gefühle: Da solche Sendungen das einzige ist, was ich konsumiere, gefällt mir natürlich der Vorschlag. Wenn die SRG einen Auftrag hat, dann wohl eher in den Bereichen Information / Erziehung als in der seichten Unterhaltung.

Nur sehe ich nicht ein, warum der Staat noch ein grösseres Gewicht in diesem Bereich bekommen sollte. Ich hege auch Zweifel, dass Private schlechter informieren. Regionale Infos werden von privaten Lokalradios und -fernsehstationen oft schneller und besser recherchiert als vom trägen Monopolisten.

In einer privaten Rundfunk-Landschaft gäbe es wohl beides. Auch auf dem Zeitungsmarkt haben wir ja nicht nur die NZZ, sondern auch den Blick und viele Blick-ähnliche Produkte. Dafür haben wir eine Vielfalt an Meinungen (und Qualitäten), die ein staatliches Monopol nicht bieten kann.

 

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