hitcounter rasum: Januar 2006

26 Januar 2006

Quo vadis, FDP?

Was die FDP derzeit bietet, ist wahrlich ein Trauerspiel. Offenbar versucht sich die Partei krampfhaft von den anderen bürgerlichen Parteien abzugrenzen. Erst hintertreibt FDP-Couchepin den Versuch von CVP-Deiss, mit den USA ein Freihandelsabkommen abzuschliessen, und will anstelle dessen mit Europa über den Freihandel der Agrargüter verhandeln, obwohl offensichtlich ist, dass ein solches Ansinnen nicht den Hauch einer Chance hat: Warum sollten die Bauern für Freihandel mit der EU sein, wenn sie Freihandel mit den USA bekämpfen? Und warum sollte sich die Wirtschaft für ein solches Abkommen einsetzen, wenn für Industriegüter mit der EU bereits Freihandel herrscht? Bei ungefähr gleich grossem inländischem Widerstand gibt es doch bei einem Abkommen mit den USA für die Schweiz viel mehr zu gewinnen! Offensichtlich sabotiert die «liberale» FDP den Freihandel. Das darf doch nicht wahr sein.

Als nächsten Coup haben die FDP-Bundesräte nun durchgesetzt, dass die Swisscom via «Volksaktie» privatisiert werden soll, d.h. Kleinaktionäre sollen die Aktie zu einem Vorzugspreis beziehen können. Dabei liess sich der Bundesrat von der von SVP-Blocher in die Öffentlichkeit getragenen, offenbar auf Couchepin zurückgehenden Idee, die Hälfte der Aktien gratis abzugeben, inspirieren, ohne sie aber konsequent weiterzuverfolgen, was zu diesem wenig durchdachten Vorschlag geführt hat:
  • Am Effizientesten dürfte es sein, die Aktien zum bestmöglichen Preis zu verkaufen und den Erlös zum Schuldenabbau (oder meinetwegen für Steuersenkungen) zu verwenden. Damit sollten diejenigen Investoren die Papiere zugeteilt bekommen, denen die Firma am meisten Wert ist. Das dürften solche sein, die eine klare, erfolgversprechende Strategie mit dem Unternehmen verfolgen, Verantwortung zu übernehmen bereit sind und damit auch den Managern auf die Finger schauen.

  • Die Gratisabgabe ans Volk wäre wohl die gerechteste Lösung: Jedermann hat bisher aufgrund der Monopolpreise der Swisscom zu viel bezahlt, somit bekommt auch jeder wieder einen Teil dessen zurückbezahlt. Zudem würde die offenbar heikle Frage, ob die Swisscom in ausländische Hände fallen darf, demokratisch beantwortet: Sind die Patrioten in der Mehrheit, bleibt sie in Schweizer Hand. Allerdings sind solche breit gestreuten Aktien alles andere als effizient. Unternehmen mit unzähligen Kleinaktionären werden wegen mangelhafter Corporate Governance oft schlecht geführt. Niemand setzt sich für die Aktionäre ein, da niemand wirklich stark profitieren kann.

  • Der Vorschlag des Bundesrates, der von der FDP sogleich begrüsst wurde, übernimmt nun von beiden Varianten nur die Nachteile: Kleinaktionäre mit einem Vorzugspreis besserzustellen ist nicht effizient, da die Aktien nicht denjenigen zugeteilt werden, die die beste Strategie verfolgen; zudem wird der Streubesitz gefördert. Der Plan ist aber auch nicht gerecht: Nur Leute mit dem nötigen Kleingeld für solche Investitionen werden berücksichtigt, damit fallen die Argumente, die für die Gratisabgabe sprechen, dahin. Dies ist nun wirklich die schlechteste Lösung.

25 Januar 2006

Mein grün-liberaler Standpunkt

Heute war in den Zeitungen zu lesen, im Kanton St. Gallen hätten die grünliberalen Kräfte beschlossen, sich von den Grünen zu trennen und eine eigene Partei zu gründen. Sie folgen damit dem Zürcher Beispiel. Im Kanton Bern dagegen, wo es drei Grüne Parteien gibt, wobei die Freie Liste eine Abspaltung von FDP und SVP war, haben sich die Grüne Freie Liste und das Grüne Bündnis in letzter Zeit angenähert und treten bei den kommenden Wahlen auf derselben Liste auf. Nur in der Stadt Bern hat der Wähler noch eine Auswahl.
Ich will hier nicht der Frage nachgehen, warum die ökologische Bewegung in der Schweiz eine vornehmlich linke Angelegenheit ist. Zwingend ist dies sicherlich nicht. Die grünliberalen Bewegungen in Zürich und St. Gallen verfolge ich jedenfalls mit Interesse, würde ich meine persönliche politische Orientierung doch auch als grün-liberal bezeichnen. Allerdings dürften sich meine Auffassungen, was ökologisch ist, doch erheblich von denjenigen selbst gemässigter Grüner unterscheiden.
Entgegen meiner Gewohnheit, meine Meinung mittels Argumenten zu begründen, führe ich nachfolgend bloss knapp meine aktuelle Einstellung zu verschiedenen grünen Postulaten auf.
  • Technologien: Ich habe a priori keine Bedenken gegenüber der Anwendung neuer Technologien wie Nano- oder Biotechnologie etc. Die grüne Gentechnik sehe ich als Chance, den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft zu verringern. Die verbreiteten Ängste sind in meinen Augen irrational.


  • Energie: Ich bin für die Nutzung der Kernenergie wie auch für den gemässigten weiteren Ausbau der Wasserkraftnutzung. Staatliche Subventionierung einzelner Energieträger ist zu unterlassen. Insbesondere bin ich aus Gründen des Landschaftsschutzes gegen die Errichtung grosser Windparks in der Schweiz.


  • Verkehr allgemein: Mobilitätsförderung kann nie ökologisch sein, der Staat hat sich daher aus der Subventionierung einzelner Verkehrsmittel grundsätzlich herauszuhalten. Die Subventionierung des öffentlichen Verkehrs muss abgebaut werden. Mobilitätskosten (Arbeitsweg) sollten nicht mehr von der Steuer abziehbar sein.


  • Flugverkehr: Der Staat soll sich jeglicher direkter oder indirekter Unterstützung (z.B. Tax-Free-Shops, Steuerbefreiung des Kerosins, Rettung maroder Fluggesellschaften…) enthalten.


  • Motorisierter Individualverkehr: Die variablen Steuern müssen massiv steigen (z.B. durch höhere Mineralölsteuern oder Einführung von Road-Pricing), wogegen die fixen Steuern (z.B. Motorfahrzeugsteuern) gar sinken könnten. Die Mittel müssen nicht nur die Finanzierung der Strasseninfrastruktur ermöglichen, sondern ebenfalls die externen Kosten (Lärm, Abgase, etc.) internalisieren. Die Bewirtschaftung von Parkplätzen in den Städten kann privatisiert werden, indem die Parkflächen verkauft werden.


  • Landschaftsschutz: Land ist eine endliche, nicht vermehrbare Ressource. Eingriffe ins Landschaftsbild können oft kaum mehr rückgängig gemacht werden. Entsprechend haushälterisch muss mit dem Boden umgegangen werden. Ich bin daher staatlichen Infrastrukturprojekten (z.B. neue Strassen) sehr kritisch eingestellt. Solange die Infrastruktur zum Nulltarif zur Verfügung steht, erstaunt es nicht, dass sie stets übernutzt wird. Zur Verhinderung der Zersiedelung sind verschiedene Massnahmen nötig; insbesondere müssen die Erschliessungsgebühren (Zugang, Versorgung, Entsorgung) den Privaten voll belastet werden. Anstelle der traditionellen Raumplanung drängen sich handelbare Nutzungszertifikate auf. Die steuerliche Vorzugsbehandlung von Wohneigentum ist sodann klar abzulehnen.


  • Naturparks: Ich befürworte die Errichtung neuer Naturparks. Einige dünn besiedelte Gebiete können durchaus vollständig der Natur überlassen werden, was zudem die Staatsausgaben senkt, da nicht bis in den letzten Graben superteuere Infrastruktur bereitgestellt werden muss. Wer in der Wildnis leben will, muss halt auf gewisse Annehmlichkeiten des urbanen Lebens verzichten – was ja auch reizvoll sein kann.


  • Klimaschutz: Obwohl ich hinsichtlich des Klimawandels gewisse Bedenken habe in bezug auf Ursache und Folgen, scheint mir die Einführung einer C02-Steuer wünschenswert, wobei die Steuerbelastung insgesamt nicht steigen darf. Ein effizienterer Ressourceneinsatz ist grundsätzlich wünschenswert, unabhängig vom Klimawandel. In hartnäckigen Rezessionen könnte zudem die Wirtschaft durch eine Steuerreduktion stimuliert werden.


  • Globalisierung und Freihandel: Freihandel ist unbedingt erstrebenswert. Negative Folgen für die Umwelt sind durch die allgemeine Verteuerung der Mobilität zu reduzieren, nicht aber durch Zölle und andere protektionistische Massnahmen.